Identitätspolitik und Organisierung (2000)

Notizen zu einer Veranstaltung zu Identitätspolitik und Organisierung

Die Veranstaltung soll zur Entwicklung einer Politik beitragen, die strategische Identitaetspolitik mit transversaler Buendnispolitik zu kombinieren sucht darauf abzielt, die Dominanz selbstzufriedener weisser heterosexueller AntifeministInnen in der radikalen Linken zu brechen
eine Neudefinition von was eigentlich linksradikal heisst anstrebt Klassenunterschiede innerhalb und zwischen den diversen linksradikalen Milieus ernstnimmt; z.B. indem ein gewisses Mass an Umverteilung praktiziert wird und versucht wird, die durch Sozialisation in einer Klassengesellschaft entstandenen (und alltaeglich kulturell verstaerkten) angst- und abwehrbeladenen Klassen-Stereotype abzubauen versucht, rassistische Ausschluesse zu vermeiden; z.B. indem zukuenftige linksradikale Organisationsstrukturen nicht als selbstverstaendlich deutsche sondern als zumindest potentiell multiethnisch (bzw trans/anti-ethnisch) konzipiert werden den sexistischen Konsens in der radikalen Linken angreift; z.B. indem die Reduzierung des patriarchalen Geschlechterverhaeltnisses auf ein Spezialthema fuer Frauengruppen abgelehnt und stattdessen eine klare antisexistische Praxis zum Kriterium gemacht wird, ob eine Gruppierung als linksradikal gelten kann oder nicht

Hier einige Thesen zur Diskussion um Identitätspolitik:

Kritik an Identitaetspolitik wurde in den 90ern benutzt um (pro)feministische Politik ueberhaupt zu diffamieren. Dieser Integration antiessentialistischer Kritikelemente in einen backlash-Diskurs muss entgegengetreten werden.
Geschlechtliche und ethnische Identitaet passen schlecht in eine gemeinsame Kategorie. Insofern ist der Begriff “Identitaetspolitik” an sich zu hinterfragen.
Es geht um den Entwurf einer strategischen Identitaetspolitik, die Einheiten ueber Differenzen hinweg konstruiert, ohne die Differenzen zu leugnen und ohne die
Einheiten als natuerlich zu setzen; die sich der Gefahren der Essentialisierung, Naturalisierung, Homogenisierung bewusst bleibt.
Daraus folgt ein pragmatischer und flexibler Umgang mit “identitaetsbestimmten Gruppen”, eine unaufhoerliche Problematisierung von Homogenisierung nach innen und Abgrenzung nach aussen.
Identitaetspolitik privilegierter Gruppen wirft voellig andere Problematiken auf als die unterprivilegierter/unterdrueckter Gruppen.
Identitaetspolitik Privilegierter kann nur als selbstaufhebende oder “negative” Identitaetspolitik progressive Praxis sein.
Das bedeutet, dass das Ziel der Aufhebung der eigenen Identitaet nicht nur – wie in jeder nicht-reaktionaeren Identitaetspolitik – praesent sein muss, sondern ganz klar im Vordergrund stehen und den Propagandisten der Maennlichkeit, der Heimat, der Nation und sonstiger Widerwaertigkeiten kompromisslos entgegengesetzt werden sollte.
“Negative Identitaetspolitik” bedeutet den Aufruf an Deutsche, antideutsche antinationale Politik zu machen, an heterosexuelle Maenner antimaskuline antiheterosexistische antipatriarchale Politik zu machen. Damit widerspricht sie der orthodoxen linken Tradition, aus einem homogenisierten “Opfer”- oder Betroffenen-“Wir” heraus – nach dem Motto “wir Guten hier unten gegen Euch Boese da oben” – Politik machen zu wollen, fundamental.

Ideen fuer “praktische” Projekte in der fernen Zukunft:

Ein Kongress zum Problem der Weissheit (fuer Weisse und NichtWeisse) mit Ags zu Weissheit und Christentum, Weissheit und Maennlichkeit, Weissheit und Kolonialgeschichte…
Ein antirassistisches Grenzcamp zu Frauenhandel, Sextourismus und Prostitution, geschlechts- und sexualitaetsspezifischer Verfolgung…